Am 8. November traten wir mit „Annes Kampf“ in der Stadthalle Erkelenz auf, unterstützt von der Kultur GmbH der Stadt Erkelenz und Sascha Dücker, die diesen besonderen Abend ermöglichten. Mehr als 300 Menschen, darunter viele aus der Schülerschaft der Region, erlebten eine intensive und aufwühlende Darbietung über die Gefahren von Menschenhass und Ideologien der Ausgrenzung. Mit ihrer brillanten Performance brachtenMarianne Blum als Anne Frank und Thomas Linkeals Adolf Hitler das Publikum in eine emotionale Spannung, die den gesamten Saal in Atem hielt.
Durch das herausragende künstlerische Leistung entwickelt „Annes Kampf“ eine emotionale Kraft, die nachhaltig berührt. Marianne Blum und Thomas Linke führen das Publikum in die Tiefen zweier gegensätzlicher Welten: Auf der einen Seite Anne Frank, die Stimme der Vernunft und Menschlichkeit, und auf der anderen der unversöhnliche Hass und die Hetze von Hitler. Diese dramatische Gegenüberstellung macht die zerstörerische Wirkung solcher Ideologien spürbar und veranschaulicht die Zerbrechlichkeit menschlichen Lebens im Angesicht von Hass und Verachtung. Die intensive Darstellung verleiht der Botschaft des Stücks eine Eindringlichkeit, die beim Publikum sichtbar nachwirkt.
Nach dem Stück zollte das Publikum den Künstlern großen Respekt und bedankte sich mit Standing Ovations. Diese begeisterte Reaktion bestätigte, wie wichtig es ist, menschenverachtenden Ideologien auf der Bühne sichtbar entgegenzutreten und die Menschen emotional zu erreichen. Eine Begegnung im Anschluss hinterließ einen tiefen Eindruck: Eine ältere Dame, die sich als Jüdin zu erkennen gab, sprach uns dankbar an und zeigte sich gerührt von der Darbietung und ihrer klaren Haltung gegen Menschenfeindlichkeit.
Mit dieser Aufführung setzte die Kultur GmbH der Stadt Erkelenz ein starkes Zeichen gegen Hass und Ausgrenzung. Institutionen wie diese tragen dazu bei, dass Kultur nicht in einer falsch verstandenen Neutralität verharrt, sondern als Kraft für die Verteidigung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung wirkt. Die Unterstützung durch die Stadt und die eindrucksvolle Resonanz der Zuschauerschaft bekräftigen, dass der hohe künstlerische Anspruch und die emotionale Tiefe von „Annes Kampf“ Menschen bewegen und zum Nachdenken anregen. Unser Dank gilt der Kultur GmbH und Sascha Dücker, die mit der Veranstaltung in Erkelenz dazu beitragen, mit „Annes Kampf“ eine klare Botschaft für Toleranz und gegen menschenfeindliche Ideologien zu verbreiten.
Ausverkauft! Dieses Wort sehen Künstler gern. Erst recht, wenn es sich bei der ausverkauften Veranstaltung um eine Uraufführung handelt, von der beide – sowohl die Künstler als auch das Publikum – vorher nicht wissen, was sie erwartet, bzw. wie es ankommt, was sich zunächst nur auf dem Papier entfaltet und dann in der Probenphase unter Zweifeln und Ringen auf die Bühne gebracht wird. Was für ein Glück, wenn beider Erwartungen so übertroffen werden wie im Fall der Uraufführung des Theaterstücks „Davon geht die Welt nicht unter“ – Die 20er-Jahre sind jetzt!
Szenenapplaus nach schmissigen Liedern, lautes Lachen über viele gelungene Pointen und herrlich komische Szenen standen Gänsehautmomenten gegenüber, in denen die Zuschauer den Atem anhielten, weil sich die Figuren einen Blick in den Abgrund erlaubten, der sich hinter der schönen Fassade der „goldenen 20er-Jahre“ auftut. Die Parallelen zur heutigen Situation sind unübersehbar. Gerade hier zeigt sich der Mut der Produktion, die es schafft, die Gefahren des aufkommenden Autoritarismus und Nationalismus aufzuzeigen und gleichzeitig bestens zu unterhalten, ohne banal zu werden.
Doch eins nach dem anderen: Worum geht es in der neuesten SAM Entertainment Produktion „Davon geht die Welt nicht unter“?
Einerseits geht es um die beiden Künstlerinnen Liesbeth „Sissi“ Schmidt (gespielt von Marianne Blum) und Henriette „Henry“ Bauch (gespielt von Anna Maria Haas), die beide im Berlin der 2020er-Jahre von ihrer Kunst, also dem Komponieren und dem Singen und Stücke schreiben zu leben versuchen, und andererseits um den aufstrebenden Autoren Emil Henneberger (gespielt von Thomas Linke), der im Berlin der 1920er-Jahre ebenso versucht, als Untermieter seinen beengten Lebensumständen Kunst abzutrotzen. Allen dreien bietet sich die unerwartete Chance, ihre Ideen als Testversion auf einem Salon des jeweils wichtigsten Theaterdirektors zu präsentieren. Dort werden Prominente und Schlüsselpersonen ihrer Zeit erwartet. Diese Aufführung im Salon könnte also für alle drei den Durchbruch bedeuten. Aber die Zeit drängt und die Umstände sind schwierig. Zu den Umständen zählen auch ihre jeweils auf andere Weise unangenehmen Nachbarn, was u.a. zu herrlich komischen Dialogen zwischen Henneberger und seiner Vermieterin Dorothee Schlegel führt.
Dabei ist Emil Henneberger eine Figur, die sich aus den realen Vorlagen der Schriftsteller Kurt Tucholsky und Erich Kästner speist. Gedichte und Lieder von beiden bereichern das Stück, darunter z.B. „An das Publikum“ von Tucholsky, das wenig bekannte, aber reizvolle, von Edmund Nick vertonte Gedicht „Die möblierte Moral“ von Erich Kästner oder das weitaus bekanntere Kästner-Gedicht „Kurt Schmidt – statt einer Ballade“. Auch die enge Mutterbindung von Kästner wird thematisiert, wenn er ihr via Postkarte erst von seinen Erfolgen berichtet, dann zu Grammophon-Klängen selig seine Dreckwäsche zusammensucht, um sie ihr nach Dresden zu schicken. Im Gegenzug warnt sie ihren Sohn am Anfang des 2. Akts mit deutlichem sächsischem Akzent vor „schamlosen Frauenzimmern“ aus Berlin, die „sogar Hosen tragen“. „Nachher suchste den Frack im Schrank vergeblich.“
Parallel dazu stellen die beiden Künstlerinnen der Aufgabe, ein Stück über die 20er-Jahre zu schreiben, und testen dazu verschiedenste Musik der Zeit. So bekommt das anzügliche „Ich hab‘ das Fräul’n Helen‘ baden seh’n“ ebenso seinen Auftritt wie die Ohrwürmer „Ich wollte, ich wär ein Huhn“ und „Ausgerechnet Bananen“, das Galgenlied „Palmström steht an einem Teiche“ und das freche Kabarett-Couplet von Claire Waldoff „Wer schmeißt denn da mit Lehm?“. Als Sissi schließlich das durch Zarah Leander berühmt gewordene „Yes, Sir!“ singt, wird es Henry zu bunt. Sie ruft ihre überschäumende und von der unerwarteten Chance elektrisierte Bühnenpartnerin Sissi zur Raison: „1933 im Januar hatten die Konservativen unter Hindenburg und von Papen Hitler zum Reichskanzler gemacht, um ihn „inhaltlich zu stellen“, im Februar sind bereits die Kommunisten schuld am Reichstagsbrand und im März wird das erste KZ eröffnet. Dachau. Vier Jahre später, also im besagten Jahr 1937, aus dem Dein „Yes, Sir!“ stammt, sind die Nazis praktisch Alleinherrscher.“ Die Stille nach dieser unwiderlegbaren Auflistung der Geschwindigkeit, mit der die Demokratie und Menschenrechte abgeschafft wurden, wenn man erst mal Antidemokraten an die Macht lässt, war mit Händen zu greifen – und das nicht nur am Premierenabend von „Davon geht die Welt nicht unter“.
„Ach ja, und die Carmina Burana“ wird uraufgeführt. Es war nicht alles schlecht…“ löst Henry die Spannung und donnert „O Fortuna“ in die Tasten des Steinway, bevor die beiden wieder wie eingefroren verharren und sich in der anderen Bühnenhälfte Emil Henneberger ärgert, dass etwas so Seichtes wie „Mein Papagei frisst keine harten Eier“ ein Hit wird, während er die Menschen mit seinen Texten aufzurichten versucht, „auf die volle Länge ihres Rückgrats“. Das ist auch nötig angesichts der bereits 1927 marodierenden und die Bevölkerung drangsalierenden SA, vor der Henneberger denn auch seinen Freund Hamm warnt, als der ihn zum Feiern abholen will.
Der „Freeze“, also das eingefrorene Verharren der Darsteller:innen und der deutliche Lichtwechsel zwischen den Bühnenhälften in der ersten Hälfte reicht als theatralisches Mittel, um die Gleichzeitigkeit der Handlung im heute von Henrys Wohnung und der Dachgeschosswohnung von Henneberger in den 1920er-Jahren eindrücklich zu verdeutlichen. Über allem tickt als verbindendes Element eine große Wanduhr, die immer schneller abläuft und damit die Situation für alle drei klarstellt.
Überhaupt spielen die Videoeinblendungen bei „Davon geht die Welt nicht unter“, die bis auf wenige Möbel das Bühnenbild ersetzen, eine wichtige Rolle bei dem Stück, das von den technischen Möglichkeiten des schönen Theater Putbus und der ideenreichen Inszenierung des Intendanten Peter Gestwa in jeder Hinsicht profitiert. Dies wird vor allem in der 2. Hälfte deutlich. Denn hier mischen sich die Jahrhunderte.
Marianne Blum – nicht nur Darstellerin der Bühnenfigur Sissi Schmidt, sondern auch Autorin des Stücks – wagt hier eine magische Vermischung der Jahrhunderte, was ihr ohne Zeitmaschinen-Hilfsmittel oder Fantasy-Kitsch gelingt. Im wahrsten Sinne des Wortes oszillieren nach der Pause die 1920er und die 2020er-Jahre ineinander, indem die drei Künstler sich und den Prominenten ihrer Zeit real auf dem Salon begegnen.
Das Stück erhöht nach den ohnehin schon munter perlenden Dialogen des 1. Sets das Tempo im 2. Set und löst damit noch nachdrücklicher ein, was es im Untertitel verspricht: „rasantes Theater mit Musik“. So entdeckt Henry „die Riemann“ unter den Zuschauer:innen aber auch den Chef der neuen ufa und den Döpfner von der Springerpresse, während Henneberger zur Erheiterung des gesamten Auditoriums Marlene Dietrich, den legendären Theaterkritiker Alfred Kerr (hier Alexander Kerr) und Lion Feuchtwanger, den Schöpfer des Romans „Jud Süß“, persönlich im Publikum begrüßt.
Die Figuren werden also parallel in ihrer Zeit weitergeführt und begegnen sich gleichzeitig in einer urkomischen Kette von Missverständnissen. So fragt die praktisch veranlagte Pianistin, wo denn das Büfett aufgebaut wird, was Henneberger mit dem Brecht-Zitat „Erst kommt das Fressen, dann bekanntlich die Moral“ kommentiert, woraufhin Sissi erschrocken fragt, ob denn der Intendant vom Berliner Ensemble auch kommt. Als Henneberger dann auch noch den Reizen der resoluten Henry erliegt und die beiden sich über ein Jahrhundert Altersunterschied hinweg verlieben, haut es die Sängerin buchstäblich zwischen zwei Stühle.
Billy Wilder hätte seine Freude an dieser Vermischung der Ebenen und Zeiten, dem Mut zum Slapstick, der Pointendichte, dem trockenen Witz der Dialoge, dem Tempo der Inszenierung und den lebensklugen, aber auch gebeutelten Figuren, die ihre allzu menschlichen Unvollkommenheiten mit dem heiligen Ernst zelebrieren, der erst wahrhaft komisch ist. Das Publikum jedenfalls quittierte das Geschehen und die bedingungslose Hingabe der Darsteller:innen an ihre Rollen mit immer wieder aufflammender und schließlich im Schlussapplaus mündender lang anhaltender Begeisterung.
So überzeugte der arrivierte Schauspieler Thomas Linke in „Davon geht die Welt nicht unter“ als 20er Jahre Literat Henneberger auf ganzer Linie und stellte mit dieser Rolle klar, dass er auch im komischen Fach gut aufgehoben ist. Sein haltungsstark vorgetragenes Gedicht „Die andere Möglichkeit“, in der Erich Kästner den Gedanken „Wenn wir den Krieg gewonnen hätten“ zu Ende denkt, gehört zu den wichtigsten Stellen und absoluten Gänsehautmomenten des Stückes. Marianne Blum zeigte als Sissi Schmidt nicht nur, was für eine exzellente Sängerin mit atemberaubender Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten sie ist, sondern auch dass sie keine Scheu hat, sich bis zur letzten Konsequenz über sich selbst lustig zu machen. Und Anna Maria Haas bewältigte das Kunststück, pianistische Höchstleistung wie z.B. bei der „Rhapsody in Blue“ von Gershwin zu präsentieren und schauspielerisch als pragmatisch-resolute, aber auch warmherzige und witzige Bühnenfigur Henriette Bauch zu überzeugen. „Bauch wie Herz – nicht zu verwechseln.“
„Überraschend anders“ urteilte denn auch anerkennend der Chefdramaturg des Theater Vorpommern nach der Uraufführung. Ein Zuschauer kommentierte: „Meine Frau hat mich mitgeschleift. Ich wollte erst nicht. Schon wieder so eine 20er Jahre Revue, dachte ich. Aber das hier ist anders. Das hat mich total begeistert.“ „Mutig“ fand ein weiterer Zuschauer die Produktion und immer wieder fiel: „toll“, „ich habe mich kaputtgelacht“, „was für schöne Lieder“, aber auch das Wort „erschreckend“. Eine Gruppe junger Theaterbesucher unterhielt sich bereits in der Pause über die Aktualität des Stückes „Das habe ich nicht gewusst. Das hat mich echt zum Nachdenken gebracht“ und beschloss „Man muss öfter ins Theater gehen.“
Kurz: Man kann dieses Stück nur allen empfehlen, die relevantes Theater sehen wollen und sich dennoch köstlich amüsieren wollen.
Am 30. Mai 2024 brachte das Künstlerduo JETZABA das Stalburg Theater zum Beben. Marianne Blum und Anna Maria Haas präsentierten ihr Programm „Die Waffeln der Frau“und boten eine Show, die das Publikum zum Lachen, Staunen und Genießen brachte.
JETZABA, bestehend aus der Berliner Sängerin und Kabarettistin Marianne Blum und der Pfälzer Konzertpianistin, Geigerin und Bodypercussionistin Anna Maria Haas, beeindruckte mit einer Mischung aus wahnwitzigen Szenen, urkomischen Dialogen und tiefgehenden Emotionen. Besonders die live gebackenen Waffeln sorgten für ein kulinarisches Highlight.
Die musikalische Vielfalt des Abends reichte von Arien bis hin zu Chansons. Anna Maria Haas zeigte ihr Können am Flügel, während Marianne Blum mit ihrer beeindruckenden Stimme glänzte. Humorvolle Dialoge und gesellschaftskritische Fragen, insbesondere zur Gleichstellung der Geschlechter, wurden mit scharfsinnigem Humor behandelt.
Der Auftritt von JETZABA bewies einmal mehr, dass Marianne Blum und Anna Maria Haas ein unschlagbares Duo sind. Ihre Fähigkeit, mit dem Publikum zu interagieren und zu unterhalten, machte den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis. Wer die Gelegenheit hat, JETZABA live zu erleben, sollte sich das auf keinen Fall entgehen lassen.
Ein gelungener Abend im Stalburg Theater in Frankfurt am Main.
Marianne Blum und Kollegin Anna Maria Haas des Duos „Jetzaba“ rücken den Themen hinter den vorweihnachtlichen Genüssen und Motiven mächtig auf die Pelle. Mit humorvollen Szenen aus einer Wirklichkeit, die wir alle kennen, werden wir Zuschauer an die Frage herangeführt: Was ist eigentlich Weihnachten für mich?
In scheinbar friedfertiger traditionsbewusster Motivation gibt es in jeder Familie jemanden, der die „Care-Aufgaben“, wie putzen, schmücken, kochen, backen zum Feste hin organisiert und lebendig werden lässt. Aber wozu eigentlich und was machen die anderen währenddessen?
Im Stück können wir erleben, wie eine leidenschaftlich „Weihnachtsvorfreude“ praktizierende Frau zu einer wütend sich befreienden Streitaxt-Amazone wird. Das Stück zeigt auf fantastisch feinfühlige und humorvolle Art und Weise unterschiedlichen Rollen im Weihnachtsverlauf. Begleitet wird die Verwandlung mit kreativen Ideen. So laden live gebackene Plätzchen im Oktopus- und Spinnen-Design zur „psychologischen Kriegsführung“ und musikalische Weihnachtsklassiker in Neu-Auflage urkomisch performt, unseren geistigen Vorstellungsrahmen zu neuen Sichtweisen ein.
Das Beste on Top: Die beiden Kabarettistinnen nehmen uns dabei mit von lokaler auf globale Ebene, von dem eigenen kleinen Familienkreis zur großen Politik. Was uns trotzdem oder gerade deswegen dazu bringt, nicht nur über „die da oben“, sondern gerade auch über uns selbst lachen zu können. Etwa wenn die Assoziationskette von „Kubicki duscht auch so lange er will“, „Und der ist ein Leuchtturm in der stürmischen See unserer derzeitigen Katastrophen?“, „Mit dem roten Gesicht?!“, „Das ist Chardonnay und eine spätpubertäre Trotzphase“, „Ich seh mal nach, ob das Kind schläft“ bis „Bring mit auch ein Glas mit“ gesponnen wird oder Marianne bereits „am Unterton“ merkt, dass ihr phänomenaler selbstschneiender Weihnachtsbaum nicht gut bei Anna Maria ankommt, woraufhin die Damen sich gegenseitig zu einem zum Brüllen komisches Blöckflöten-Duell herausfordern. High Noon schlägt es auch, wenn die beiden darüber nachdenken, ob sie sich nicht lieber in „Amigas“ umbenennen und Schlager singen sollen, um ihre Konten aufzufüllen, was Marianne nicht nur trocken kommentiert mit „Du kannst gar nicht auf unsere Konten schauen, weil du die Online Daten zum Online Banking verlegt hast und analog keiner mehr was mit dem Kunden zu tun haben will“, sondern auch mit einer Bontempi-Version von „Last Christmas „zurückschießt“, die so unfassbar komisch ist, dass sie einen vor dem echten Weihnachts-Kitsch imprägniert. „Wenn Sie jetzt hier raus gehen und unfreiwillig mit Last Christmas beschallt werden, dann werden Sie an meine Version denken und leise grinsen“, behauptet Marianne und sie hat recht.
Das gutgelaunte instrumentale Multitalent Anna-Maria Haas und die von zart bis raumerfüllende kunstfertige Stimme von Marianne Blum überzeugen mit authentischen Geschichten, abgestimmten Liedern und einer zum Mitmachen einladenden Programmgestaltung aus dem vorweihnachtlichen Familienkreislauf wie z.B. dem „Schreckliche-Geschenke-Weitwerfen“. „Die Dinge müssen in Umlauf kommen“. Viele weitere kreative Ideen, wie man selbst das „Fest der Liebe“ überstehen kann ohne Schaden zu nehmen, gab es obendrein.
Endlich wieder – LIVE KABARETT Beste Unterhaltung mit Charakter Mit Dank und 100% er Weiterempfehlung Anna Groß
Intensiv – das gilt dieses Mal nicht nur für das Erlebnis, dass dank der immer wieder überzeugenden Leistung der beiden Künstler die Zuschauer am Abend des 20.11. und die Schülerinnen und Schüler in der Vorstellung am 21.11. morgens aus dem Theater mitnehmen konnten, es gilt auch für Marianne Blum und Thomas Linke selbst, die Darsteller von Anne Frank und Adolf Hitler. Auch für sie war dieser Gastspiel-Aufenthalt in der Stadt vor den Toren Münchens sehr intensiv.
Denn die engagierten Kulturbegeisterten der Kleinkunstbühne s’Maximilianeum, die Annes Kampf nach Landsberg geholt hatten, organisierten spontan eine exklusive Führung für sie mit dem Stiftungspräsident Manfred Deiler im Außenlager Kaufering VII. Unfassbar, was dieser Mensch im Laufe seiner langjährigen ehrenamtlichen Tätigkeit an Wissen gesammelt hat und großzügig bei solchen Gelegenheiten weitergibt.
Dabei geht es nicht ausschlieslich um die Bewahrung der Erinnerung an die unmenschliche und für viele Tausende tödliche Lagerhaft, die die Insassen und vor allem Insassinnen des Arbeitslagers hier erlitten haben, um u.a. die halb-unterirdischen Produktionsstätten der Messerschmidt inklusive eines unterirdischen Flughafens zu bauen (!), sondern es geht auch um die Bewahrung der einzigartigen Tonröhren-Konstruktion der Baracken, die zu erhalten Kenntnisse weltweiter Spezialisten erforderte.
Dagegen nimmt sich die Geschichte Hitlers, der in der Haftanstalt Landsberg „Mein Kampf“ schrieb, harmlos und geradezu anekdotisch aus. Natürlich stilisierte er sich zum Märtyrer der „Bewegung“, die dieses Märchen fleißig weiterverbreitete und zu dessen Erhaltung während der 1940er Jahre Fackelaufzüge von HJ-Jugendlichen zur Wallfahrtsstätte „des Führers Festungshaft“ abhielt. In Wahrheit aber gab es 1924, als Hitler nach dem gescheiterten Putschversuch hier inhaftiert wurde, bereits viele Nazi-Sympathisanten in Deutschland, Bayern und auch Landsberg und seine Haftbedingungen waren alles andere als die eines Märtyrers. So saß er mittags im Café in der Stadtmitte Landsbergs, um dort zu essen und an seinem Manuskript zu arbeiten.
„Die Leute müssten alle „Mein Kampf“ lesen, meinte Manfred Deiler noch zum Abschluss der beeindruckenden Führung. Es war alles nachzulesen, was durch die Realisierung seiner Ideen zwangsläufig über Deutschland, Europa und die ganze Welt hereinbrechen musste.
Das ist der Grund, warum wir „Annes Kampf“ spielen. Wir haben das Buch gelesen und zeigen auf der Bühne, was dem einzelnen Menschen droht, wenn Menschenfeinde an die Macht kommen.
Wir waren ausverkauft! Vor voll besetztem Theater spielte das Duo JETZABA! das Stück „Die Waffeln der Frau“ in der renommierten Distel in der Friedrichstrasse 101 in Berlin! Das ist in Corona-Zeiten wahrlich keine Selbstverständlichkeit.
Klar, die Aussicht, die beginnende Adventszeit mit Waffen zu beginnen, war wohl für Viele verlockend, aber sicher war es auch der Hunger nach Unterhaltung und Theaterzauber in einer Zeit, in der möglicherweise wieder ein Lockdown droht, der die Leute Schlange am Eingang stehen ließ, um Anna Maria Haas und Marianne Blum zu sehen.
Belohnt wurden die Zuschauer nicht nur mit frisch und live auf der Bühne gebackenen Waffeln, sondern auch mit herrlich komischen Szenen, bissigen Dialogen und wunderbarer Musik. Von Bossa Nova über Kabarett-Chanson, Bond-artigen Hymnen, Tango, afrikanischem Gute Laune Pop bis Rap mit wildem Jungle-Rhythmus war für jede:n was dabei.
Dass die Pianistin Anna Maria Haas dabei immer wieder neben ihrem komischen Talent auch ihre absolut ernstzunehmenden pianistischen Fähigkeiten aufblitzen ließ, überraschte so manchen Kabarettgänger ebenso positiv wie die unglaubliche Bandbreite der technisch erstklassigen Sängerin Marianne Blum.
Die Blum glänzte spielend in Koloraturen, ließ ab und zu eine Rockröhre aufblitzen und zeigte die Länge ihres Atems nicht nur in elegischen Teilen, sondern auch daran, dass sie sogar noch in der Lage war, lange Töne zu singen, nachdem sie eine Waffel abgebissen hatte. Dass sie dabei im Omakostüm wie von der Tarantel gestochen über die Bühne hopste, brachte die Leute geradezu zum Platzen vor Lachen. So konnten alle vergessen, warum sie wieder mit Masken in einem geschlossenen Raum sitzen müssen und wie ernst die Lage derzeit außerhalb des magischen Theaterraums ist. Derart beglückt standen anschließend noch Viele an, um eine nebenbei bemerkt köstliche Waffel dieser beiden Frauen abzubekommen und mit den Künstlerinnen zu sprechen.
Kultur tut gut!
Nächste Gelegenheit, „Die Waffeln der Frau“ live zu erleben:
Der 9.11. ist ein Tag mit schwerer Geschichtslast. 2021 jährt sich an diesem Datum die Reichspogromnacht zum 73ten Mal. Die Stadt Aurich wollte an diese Untat der Nazis erinnern, bei der in vielen deutschen Städten jüdische Geschäfte, Einrichtungen und Synagogen geschändet und zerstört und Menschen angegriffen, verletzt, beleidigt, eingeschüchtert und drangsaliert wurden, nur weil sie Juden waren. Daran erinnert das Künstler-Duo Blum & Heckmann.
Sie spielten „Annes Kampf“ in der Stadthalle, die angesichts der wieder zunehmend bedrohlichen Corona-Lage erstaunlich gut gefüllt war. Rege wurde anschließend über das Gesehene diskutiert. Ein Herr regte z.B. an, „Annes Kampf“ auch in niederländischen Partnerstädten zu spielen. „Das sollten auf jeden Fall auch Schüler in Aurich sehen!“, meinte eine Lehrerin im Publikum.
Zwei Tage später spielten die Künstler DAS Stück gegen Antisemitismus und Rassismus tatsächlich vor Schülern, allerdings nicht in Ostfriesland, sondern mitten in Sachsen, genauer gesagt in Zwickau, in dem wunderbaren Rundbau des Gasometers mitten in der Stadt.
Auf dem Blog des „Gasometer“ heißt es dazu:
Die Vormittagsveranstaltung, die von über 120 Schüler*innen aus drei Schulen besucht wurde sowie die Abendveranstaltung im Rahmen der Novembertage, die von über 110 Besucher*innen, davon die große Mehrzahl Studierende, besucht wurde, stellte gut die Diskrepanz zwischen den beiden Texten dar. Auf der einen Seite das Tagebuch eines dreizehnjährigen Mädchens, gelesen von Marianne Blum, welches ihre Gefühle und die stetige Angst, die es bei beiden Familien gab, entdeckt zu werden, in sehr guter Art und Weise auszudrücken vermag. Auf der anderen ein schlecht geschriebenes und von Hass und Lügen strotzendes Buch, von einem nach Geltung strebenden Diktatoren, gelesen von Stefan Heckmann. Die Protagonist*innen, die nochmals betonten, in keinster Weise darauf abzuzielen die beiden Bücher miteinander zu vergleichen, schafften es, genau dies in einem unterhaltsamen, aber auch bedrückenden Stil dem Publikum näher zu bringen. Nach der Veranstaltung gab es noch genügend Raum für Fragen, Anmerkungen und auch Kritik.
Wir bedanken uns bei Marianne Blum und Stefan Heckmann für den spannenden und kurzweiligen Abend und natürlich bei allen Gästen! Ein Abend, der vom gesprochenen und gelesenen Wort lebte!“
Wir können dazu nur ergänzen, dass wir selbst überrascht und auch schockiert waren von dem, was uns manche Schüler und später auch Zuschauer der Abendvorstellung nach den Vorstellungen berichteten. Hass, Ausgrenzung, unverhohlener Rassismus und eine große Zustimmung zu politischer Propaganda, die genau das befördert, ist ein massives Problem in der Region.
Wir hoffen immer wieder, mit Annes Kampf beitragen zu können, deutlich zu machen, wie schrecklich rassistische Ideen sich auswirken wie sehr wir uns dem entgegenstellen müssen, so früh wie möglich!
Theater-Kabarett und Musik und live gebackenen Waffeln mit dem Damen-Duo JETZABA
Fotos: Fuks
Eine Kritik von Doris Sondermann
Ausgerechnet am Freitag, den 13. August 2021 wurde mein lang gewachsener Hunger nach „richtig, echter“ Kultur zum ersten Mal wieder gestillt – von echten Musikerinnen im echten, prachtvollen Theatersaal in Putbus auf Rügen.
„Die Waffeln der Frau“ hieß das Kabarett-Programm. Es wurde ebenso wie die 8 Songs, mit denen das Publikum beglückt wurde, von der Berliner Sängerin und Kabarettistin Marianne Blum geschrieben und feierte zusammen mit ihrer kongenialen Pianistin Anna Maria Haas seine Wiederaufnahmepremiere auf der Insel. In der ersten Fassung noch mit der ukrainischen Kampfpianistin Marina Gajda besetzt, sorgte das Stück bereits seit seiner Uraufführung 2016 für ausverkaufte Theater nicht nur auf Rügen. Aktualisiert und auf die Rheinland-Pfälzische Konzertpianistin Anna Maria Haas zugeschnitten, zeigt das Stück jetzt ganz neue sehenswerte Facetten.
Wie schon bei der Urfassung führte auch jetzt bei der Neufassung Peter Gestwa, der Intendant des Theater Putbus, Regie bei den „Waffeln“, was erklärt, warum das Stück auf Rügen seine Premiere feierte, wobei dieses zauberhafte, historische Haus einen wunderbaren Rahmen für diese launig-launischen Partnerinnenschaft bot, an der uns das Damen-Duo teilhaben ließ.
Marianne Blum ist bekannt für ihr Temperament, ihr sängerisches Können und ihre Bühnenpräsenz, Wortwitz in den Dialogen und humorvollem Ernst in den Texten ihrer Songs. Sie riss ihr Publikum wieder einmal mitten hinein in das uralte und doch immer aktuelle Thema der Rolle als Frau, mit oder ohne Mann an ihrer Seite; in Solidarität oder Konkurrenz zu den Geschlechtsgenossinnen. Diesen Part übernahm Anna Maria Haas – brillant am Bühnenklavier und gewitzt im Kontern in den Dialogen – eine nicht immer dankbare Rolle. Ein Motto des Abends kam im Song: „Wir sind nicht besser als ihr – leider“ in der Spannung, in die die Blum uns zwingt, zum Klingen. „Nein! Doch!“ Eine Hymne an die Frauen, auch dann, wenn sie hin und wieder Mist bauen.
Wie gut tut es, nach der langen „Fastenzeit“ gemeinsam mit den Künstlerinnen und dem Publikum im Saal zu lachen, zu staunen, über das eigene Leben zu sinnieren und am Ende sogar mit frisch gebackenen Waffeln aromatisch und speisend verwöhnt zu werden. Da kann der Weltuntergang gerne noch warten.
Carlos Corona und Marianne Blum im Theater Putbus. Foto: SAM Entertainment
Theater-Kabarett und Musik mit kleinsten Mitteln und größter Wirkung – und damit umweltbewusst durch und durch
Eine Kritik von Anna Maria Haas
Vor ein paar Monaten konnte ich noch nicht wissen, dass sein Name heute in aller Munde und er weltberühmt ist. so stellt die Kabarettistin und Sängerin Marianne Blum Carlos Corona vor und führt damit nicht nur ihren Duo-Partner als Figur ein, sondern macht auch gleich klar, dass es in diesem Programm um Fakten geht. Schließlich heißt der mexikanische Gitarrist, mit Wohnsitz in Berlin, tatsächlich so. Marianne Blum, die über 20 Jahre Bühnenerfahrung hat und auch im Theater Putbus schon 2016 mit den „Waffeln der Frau“ für Furore sorgte, hat angesichts dieser Faktenlage gleich ein ganzes Programm um ihren Kompagnon geschrieben. Er ist das „Alter Ego“ der Pandemie, er legt die Schwachstellen und Abgründe offen, in die der Virus uns als Gesellschaft stürzt. Er weiß aber auch, wo Hoffnung und Heilung zu suchen und zu finden wäre. Corona bringt gnadenlos alles ans Licht: den mühsam verdeckten oder absichtsvoll vergessenen, inzwischen aber in Teilen der Bevölkerung wieder heiß hervorbrechende Rassismus ebenso wie die rasant wachsende Schere zwischen Arm und Reich und die absurden Prioritäten unseres Wirtschaftssystems, das bedenkenlos und grenzenlos nicht nur Natur und Menschen ausbeutet, sondern auch sich selbst. Dabei sollte uns inzwischen allen klar sein: Grenzenloses Wachstum auf einen endlichen Planeten ist eine Illusion und „systemrelevant“ sind eben keine Börsenspekulanten und Konzernchefs, sondern jede einzelne Intensivkrankenschwester und jede*r, der unseren Müll abholt.
„Haben Sie Spaß an Ihrer Arbeit?“, die Fragen werden immer direkter und konkreter, bis wir an dem Punkt sind: „Halten Sie Ihre Arbeit für sinnvoll?“ und „Würden Sie morgen noch zur Arbeit gehen, wenn Ihnen ein bedingungsloses Grundeinkommen zugesichert würde?“
Mutig werden heiß diskutierte Themen wie die prekäre Situation der Künstler in der Corona-Krise oder der Zustand der Erde angesichts der auch in Deutschland immer deutlicher spürbaren Klimakatastrophe angesprochen. Aber auch brandaktuelle Tagesmeldungen wie die gerade einmal 3 Tage zurückliegende Demonstration von 38.000 Impfgegnern, Verschwörungsgläubigen, Esoterikern und Rechtsradikalen in Berlin werden aufgegriffen und in schlüssige und trotz der Schwere des Sujets überraschend witzige Dialoge gegossen. Dabei verdeutlicht Marianne Blum oft die Relevanz nationaler und internationaler Geschehnisse mit Hilfe regionaler Besonderheiten oder historischer Anekdoten. Dass sie sich bei allen angesprochenen Themen bestens informiert zeigt und nicht bei Oberflächlichkeiten hängenbleibt, ist ein weiterer Pluspunkt dieses insgesamt erstaunlich tiefgreifenden und dabei trotzdem höchst unterhaltsamen Abends.
Das medizinische Thema bleibt den ganzen Abend über im Raum bis zur erschütternden Diagnose für Mutter Erde. Dr. Corona hakt nach: „Wann hat das angefangen?“ und die Blum berichtet: „1870. Da hat das begonnen mit dem Saufen und Rauchen.“ „Welche Substanzen?“ „Fossile. Auf Lunge. Erst nur ein bisschen, dann, seit Mitte des letzten Jahrhunderts exponentiell. Jetzt ist sie auf 413 ppm!“ Doch die beiden wollen die Patientin nicht aufgeben. Trotzig stellt sich die Kabarett-Junta auf die Bühne, fordert mutig und laut eine kollektive Rettungsaktion und es gelingt ihnen, dass man als Zuschauer aufspringen und sofort aktiv werden will.
Wahrscheinlich liegt das daran, dass man als Zuschauer mitgenommen wird durch alle Höhen und Tiefen der persönlichen Bewusstwerdung und Meinungsbildung. Die Blum lässt keine*n aus dem Visier, nimmt aber auch jede*n liebevoll an die Hand. Mit Verständnis für alle menschlichen Fluchtversuche erlaubt sie niemandem, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Sie drängt zum Aufbruch, weil er unvermeidbar ist.
So wie das Duo inhaltlich die volle Breitseite der drängendsten Probleme unserer Zeit trifft, überzeugt es auch auf künstlerischer Ebene. Wenn Carlos Corona zur Gitarre greift, fasziniert er nicht nur mit ausgefeilter Technik, die ihm erlaubt, alle Stilrichtungen zu bedienen und seinem Instrument ungeahnte Klangfarben zu entlocken, sondern auch mit ausdrucksstarken, abwechslungsreichen Arrangements der Songs, von denen nicht wenige beeindruckende Eigenkompositionen des Gespanns Blum & Corona sind. Darunter so schmissige Gassenhauer wie der „Gutmensch“, der euphorische Aufbruchsstimmung verbreitende Titelsong „Geheilt Durch“, das absurd-witzige aber auch herzerweichende „Depression“ (inklusive einer Trübsal-Tröte), der versöhnlich-verspielte Song „Der Weltuntergang kann warten“ oder das „Unschuldige Lied“, welches den Abend mit einer musikalischen Achterbahnfahrt zwischen Brecht-Lied, Latin-Rap und Helene-Fischer Schlager beschloss. Alles ausdrucksstark und mitreißend interpretiert von der Blum, die scheinbar spielend von Bluesröhre zu fülliger Opernstimme und zartem Popgesang wechselt. Über mehr als 80 Minuten zeigt sie einen technisch versierten Umgang mit ihrem Instrument, der Stimme, und überzeugt lückenlos. Im Ergebnis die stimmungsvollste und klangintensivste Synthese, die zwei so gegensätzliche charakterstarke Klangkörper erreichen können.
Marianne Blum und die Rettung der Welt. Foto: SAM Entertainment
Überhaupt haben wir es hier mit zwei Künstlerpersönlichkeiten zu tun, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Marianne Blum singt, tanzt, tobt, lockt das Publikum und kokettiert mit ihm, analysiert, kritisiert und motiviert. Kaum auf der Bühne weiß sie geschickt das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Immer wieder nutzt sie kleine Möglichkeiten der Interaktion. So übt sie so lange mit den Zuschauern, bis der neue Ohrwurm „Ich bin ein Gutmensch“ sitzt. So verabreicht sie eine flächendeckende Publikumsimpfung mit Selbstheilungskräfte stimulierender Wirkung. Carlos Corona ist dagegen der Fels in der Brandung. Gelassen, bisweilen herzerfrischend naiv, hinterfragt er Marianne Blums Behauptungen und die von ihr vorgetragenen Einsichten. Dadurch setzt er, sowohl inhaltlich als auch vom Sprachduktus und vom Typ her, einen perfekten Kontrapunkt zur quirligen Blum. Insgesamt kann man sagen: Die Zuschauer im ausverkauften Theater Putbus erlebten zwei Künstler, die kein musikalisches Genre, keine Facette ihrer Instrumente, keine Bühnenecke und keine menschliche (Un)Art unbespielt ließen. Einfachste theatralische Mittel (ein paar bunte Kisten, ein Sektkühler, Schokoladentaler und eine aufblasbare Weltkugel, Konfettikanonen und Handfeger) genügten den beiden, um überzeugend das große Bild unserer Gesellschaft vor dem Publikum entstehen zu lassen. Das war Kabarett vom Feinsten, das menschlich humorvoll, politisch scharfzüngig, schlagfertig, künstlerisch wertvoll und dabei ungemein unterhaltsam war!